
Hallo Silvia! Sie sind die Eigentümerin des Alpenhotels Edelweiss, eigentlich interessieren Sie sich für Kunst. Wie sind Sie ins Hotelgewerbe gekommen?
Dafür muss ich meinem Vater danken. Er war immer der Motor unserer Familie. Sämtliche Objekte, die wir besitzen, entstanden aus seinen Ideen und anschließend baute er diese selbst vollständig aus… Ich darf jedoch behaupten, dass meine Schwester und ich für die Entwicklung dieser Objekte verantwortlich sind.
Wovon haben Sie als Kind geträumt?
In meiner Kindheit habe ich viel geträumt – ich war gerne allein in meinem Zimmer und habe geträumt, ich habe mir vorgestellt, ich sei Schauspielerin und habe verschiedene Szenen gespielt. Meine Eltern haben aber diesen Traum nicht ernst genommen und er wurde nicht verwirklicht. Ich habe mich nie als ein begabtes Kind wahrgenommen.
Das Gymnasium habe ich zu einer ziemlich komplizierten Zeit für Bulgarien abgeschlossen. 1989 war die Wende und plötzlich trat ein richtiges Chaos ein. Dazu kam die Armut, eine unglaubliche Hässlichkeit der Gesellschaft tauchte auf, Verbrecher wanderten frei herum… Das hat mich dazu bewogen, nach Italien zu fliehen. Ich habe keine Entwicklung für mich in dieser Gesellschaft gesehen. Meine Idee war damals, dass mir Italien als eine Art Brücke weiter in die USA, nach Hollywood, dienen sollte (ha-ha-ha). Wie naiv…
Was ist passiert?
Ich bin 12 Jahre in Italien geblieben, ich habe mich so eingewöhnt, dass ich mich mehr als Italienerin fühlte als Bulgarin. Traurig, oder? Ich habe mich mit Theater, Werbung und Vertrieb beschäftigt. Ich habe viel gearbeitet; eigentlich habe ich immer viel gearbeitet. Dann hat mein Vater angerufen und mir mitgeteilt, dass er vorhat, mit dem Bau unseres ersten Objektes zu beginnen. So habe ich angefangen zu reisen, bis ich endlich verstanden habe, dass das meine Arbeit ist – die Verwaltung, die Kontakte mit Leuten, kurz gesagt – der Bereich der Dienstleistungen. Ich habe mich auch viel amüsiert und das ist die Grundlage eigentlich – um gut im Beruf zu sein, muss man seine Arbeit mögen.
Welche Pläne haben Sie für das Alpenhotel Edelweiss?
Ich möchte einfach, dass das Hotel seinen alten Glanz zurückgewinnt. Vor Jahren war das Hotel ein Lieblingsort für die Einheimischen. Das sollte es wieder sein, und das ist mein Ziel! Danach strebe ich mit meinem ganzen Wesen, weil ich erfolgreich sein will. Ich habe auch persönliche Gründe, die ich nicht mitteilen möchte, die wirken auf mich wie eine Droge.
Wie schaffen Sie es mit der Herausforderung COVID-19, welche wirklich die Saison gestört hat?
Ich habe schwierige Zeiten erlebt. Die Pandemiesituation war etwas ganz anderes. Das war wie eine Ohrfeige, die dich auf den Boden wirft, ohne dass du irgendwelche Schuld hast, ohne dass du weißt, wofür du bestraft wirst. Ja, ich habe mich bestraft gefühlt, bestraft für etwas, was ich nicht getan habe. Gleichzeitig war das eine kostbare Zeit für mich – ich war dazu gezwungen mir selbst ins Gesicht zu sehen, was manchmal Angst machen kann. Ich glaube, ich bin tapferer geworden, ich habe verstanden, dass mir nichts Angst machen kann.
Welche sind Ihre größten Leistungen in Ihrem Leben?
Meine zwei Kinder, weil ich mich Jahre lang nicht als Mutter vorstellen konnte, und jetzt habe ich zwei schöne Mädchen, die ich sehr liebe. Auch bin ich auf mich selbst stolz… Das mag zu selbstbewusst klingen, ich habe aber viel an mir selbst gearbeitet. Ich passe gut auf, dass ich nicht in die Tiefe abrutsche. Ich gehöre zu den Menschen mit finanziellen Möglichkeiten, in diesem Sinne hätte ich oft Versuchungen erliegen können, was ich jedoch nicht gemacht habe… Ich habe mich zu einer gut ausgebildeten Persönlichkeit entwickelt, ich habe Theatermanagement an der Nationalen Akademie für Theater- und Kinokunst und Kommunikation „Krastyo Sarafov“ und PR an der Sofioter Universität „Kliment Ohridski“ abgeschlossen, auch in meinem fortgeschrittenen Alter, was für mich ein Erfolg mit einer geistigen Dimension ist. Die geistigen Werte werden früher oder später zu materiellem Reichtum – die Kenntnisse, die Leute, denen man begegnet, auch die fremden Erfahrungen führen zu einem sinnvolleren und vollständigeren Leben…
Es wird gesagt, die erfolgreichen Menschen seien erfolgreich, weil sie langfristige Pläne machten… Wie sehen Sie sich in 10 Jahren?
Ich meine, dass die erfolgreichen Menschen die richtigen Mitmenschen um sich herum haben. Ich wäre nie dieser Mensch geworden, welcher ich jetzt bin, ohne meinen Vater, der mich wie ein Adler beschützt, auch ohne meine Mutter, welche mich auch beschützt, leider vom Himmel… Meine Schwester, die sich mit Astrologie beschäftigt, zeichnet ständig Sternenwege zum Erfolg für mich… Hahaha… Auch ohne meine Kinder wäre ich nicht die Person, die ich heute bin. Meine Kinder, die mich immer noch lieben, obwohl ich so oft weit weg von ihnen bin, auch die Leute, mit denen ich seit Jahren zusammenarbeite und welche alles für mich tun würden – das hat zu meinem Erfolg stark beigetragen…
Wie ich mich in 10 Jahren sehe? Was soll ich bei dieser Pandemie sagen? Wenn alles in Ordnung ist, dann würde ich mit einer Tasse Kaffee, mit einem kleinen selbstgebackenen Kuchen den Blick auf die Alpen und den Achensee durch die Fenster des Alpenhotels Edelweiss genießen.
Interessantes über Silvia
• Sie spricht mehrere Sprachen – Italienisch, Englisch, Russisch und Deutsch;
• Sie arbeitet seit 7 Jahren für eine der größten internationalen Veranstaltungen, welche in Bulgarien organisiert werden, das Internationale Theaterfestival Varna-Sommer;
• Sie verfasst Artikel über das Theater für verschiedene Printmedien und Theaterforen;
• Sie backt gern und träumt davon, sich irgendwann beruflich damit zu beschäftigen;
• Sie hat Operngesang in Italien studiert, beim Theaterstudio von Raul Manso gespielt und indische Tänze an der Schule von Kapka Kumar getanzt.